--- Mit Kindern unterwegs ---

Kindersitze retten Leben

Nur ein Drittel aller Kinder wird im Auto richtig gesichert, eine erschreckende Zahl. In den meisten Fällen liegt das wohl am fehlenden Wissen der Eltern oder daran, dass sie die Schutzwirkung von Kinderrückhaltesysteme unterschätzen. Wüssten sie, dass falsch oder ungesicherte Kinder siebenmal höheres Verletzungsrisiko haben, würden sie der Kindersicherung mehr Beachtung schenken.

Dabei liegt es in der Verantwortung der Eltern, dass das Kind im Auto sicher mitfährt: So selbstverständlich, wie Erwachsene sich anschnallen, müssen auch Kinder im Kindersitz gesichert werden.

Um die Sicherheit der kleinen Passagiere zu verbessern und um das Bewusstsein der Erwachsenen für die lebensrettende Funktion von Kindersitzen zu schärfen, wollen die Deutsche Verkehrswacht und der Kindersitzhersteller Kiddy über Kindersitzung im Auto informieren. Diese Information soll helfen, das geeignete Rückhaltesystem für die kleinen Mitfahrer zu finden.

Kinder im Auto

1998 verunglückten allein in Deutschland 16.182 Kinder als Mitfahrer im Auto. 2.481 von ihnen trugen schwere Verletzungen davon, 128 kamen im Pkw ums Leben. Das ist fast die Hälfte aller im Straßenverkehr getöteten Kinder. Hauptursache dieser traurigen Statistik ist falsche oder fehlende Kindersicherung.

Dabei schreibt die Straßenverkehrsordnung (StVO) schon seit April 1993 (§ 21, Absatz 1a) die Sicherung von Kindern verbindlich vor. Dies hat zu einer Verbesserung der Situation geführt: Die Sicherungsquote stieg um 20 Prozent, die Zahl der getöteten Kinder im Pkw sank um ein Drittel. Weitere Verbesserungen dürfte die Erhöhung der Verwarnungs- und Bußgelder bringen. Seit Juli 1998 kostet es 80 Mark und einen Punkt in Flensburg, wenn das Kind nicht gesichert ist, 60 Mark, wenn es falsch gesichert ist.

Hauptproblem Fehlbedienung

Ein großes Problem bei der Kindersicherung ist die Fehlbedienung. Rund zwei Drittel der Kindersitze werden fehlerhaft montiert, bei einem Drittel davon liegen sogar schwere Einbaufehler vor. Viele Eltern sind sich dessen gar nicht bewusst. Die Gefahr des Fehleinbaus lässt sich vor allem durch möglichst einfach zu montierende Systeme und klare Bedienungsanleitungen verringern. Deshalb sollten die Eltern hierbei besonders wachsam sein und sich bei etwaigen Unsicherheiten fachlich beraten lassen.

Einzelne neue Automodelle werden mit Isofix oder Opel Fix angeboten. Bei Opel Fix stellen spezielle Gurtbänder die Verbindung zur Karosserie her. Bei Isofix befinden sich U-Bügel hinter der Fahrzeugrückbank - zwischen Sitzfläche und Rückenlehne. Hier rastet der Schnappmechanismus ein, der sich an der Unterseite des Isofix-Kindersitzes an zwei Teleskoparmen befindet.

Bei beiden Systemen ist die Gefahr der Fehlbedienung äußerst gering. Das Problem aus heutiger Sicht: Jeder Isofix-Kindersitz benötigt eine Spezialzulassung für das Fahrzeug, in dem er verwendet werden soll. Er darf also nicht in ein anderes Auto eingebaut werden, für das er nicht zugelassen ist.

Welcher Sitz für welches Kind?
Gruppe 0 und 0+
Von Geburt bis 13 Kilo (circa 18 Monate)

Auch die Kleinsten müssen im Auto richtig gesichert sein. Dazu eignet sich am besten eine komfortable Babyschale oder ein "mitwachsender" Reboard-Sitz. Babywannen oder Kinderwagenaufsätze, in denen das Baby liegend auf den hinteren Plätzen befördert wird, werden nur noch selten verwendet.

Eine Babyschale (Gruppe 0) darf nur für Kinder bis zehn Kilo Gewicht genutzt werden. Sie wird immer gegen die Fahrtrichtung (Reboard) montiert und mit dem vorhandenen Dreipunktgurt gesichert. Die Babyschale darf nur so lange verwendet werden, wie der Hinterkopf des Kindes vollständig durch die Rückenlehne geschützt ist.

Obwohl die Gruppe I (von 9 bis 18 Kilo) nahtlos an die Gruppe 0 anschließt, wurde zusätzlich die gruppe 0+ eingeführt (von Geburt bis 13 Kilo). Auch hier sind nur Rebord-Sitze erlaubt, mit denen kleine Kinder länger gegen die Fahrtrichtung befördert werden können.

Die Montage solcher Systeme ist mit dem Dreipunktgurt sowohl auf der Rückbank als auch auf dem Beifahrersitz möglich, hier jedoch nur, wenn kein Beifahrer-Airbag vorhanden ist oder der Airbag sicher deaktiviert wurde. Sofern es auf der Rückbank nur Beckengurte gibt, ist - je nach Hersteller - ein Zusatzgurt oder eine Abstützung nötig.

Wichtig ist die korrekte Gurtführung und der Gurtpfad, der auf speziellen Aufklebern beschrieben sein muss. Der in der Babyschale oder in einem größeren Reboard-Sitz integrierte Gurt muss am Baby straff anliegen, das Gurtschloss darf nicht zu hoch sitzen.

Gruppe I
9 bis 18 Kilo (circa 9 Monate bis 4 Jahre)

Unfallforscher und Sicherheitsexperten sind sich einig: Für Kinder bis drei Jahre bieten rückwärts gerichtete Kindersitze den besten Schutz.

Die Erklärung ist einleuchtend: Beim Baby ist der Kopf im Verhältnis zum Körper noch relativ groß. Beim Einjährigen wiegt er etwa 25 Prozent des Körpergewichts. In vorwärts gerichteten Systemen sind die noch schwache und instabile Halswirbelsäule und Muskulatur den Extrembelastungen bei einem Aufprall kaum gewachsen, wenn der Kopf nach vorne geschleudert und der Körper mit dem Fünfpunktgurt im Sitz gehalten wird. Im Vergleich dazu ist die Halswirbelsäule im Reboard-Sitz nur einem Siebtel der Belastung ausgesetzt.

Ein besonderes Sicherheitsplus bieten Reboard-Systeme vor allem für Babys, die schon vor dem neunten Lebensmonat zu groß für die Babyschale sind, gewichtsmäßig aber noch nicht zur Gruppe I gehören. Sie werden dann häufig zu früh in vorwärts gerichteten Systemen gesichert. Hier eignen sich Reboard-Sitze, die auch für Kinder der Gruppe I gegen die Fahrtrichtung montiert werden können.

Falls sich der Reboard-Sitz auf der Rückbank nicht oder nur schwer montieren lässt, bieten manche Händler einen Stützfuß an: Er wird an der Kindersitzlehne angebracht und in der Länge individuell eingestellt. So wird der Sitz einfach auf die Rückbank gestellt, mit dem Beckengurt fixiert und mit dem Stützfuß stabil im Fußraum hinter dem Vordersitz positioniert.

Interessante Ergebnisse von 4.242 Unfällen mit Kindern zwischen 0 und 15 Jahren liefert die Volvo-Unfalldatenbank. Von 1976 bis 1996 wurde kein einziges Kind im rückwärts gerichteten Kindersitz schwer verletzt. Im sicherheitsbewussten Skandinavien werden daher mehr als 90 Prozent der Kinder bis 4 Jahre entgegen der Fahrtrichtung befördert.

Neben den Reboard-Sitzen gibt es in der Gruppe I noch die folgenden Kindersitz-Systeme:

Fangkörper-System

Für Kinder der Gruppe I - also bis etwa vier jahre - werden auch Fangkörper-Systeme angeboten. Sie eignen sich besonders, wenn die Kinder schon zu groß für einen rückwärts gerichteten Sitz sind oder für Fahrzeuge, in denen der Platz für einen Reboard-Sitz nicht reicht. Dann sind Fangkörper-Systeme die sicherste Alternative. Auch sie weisen bei einem Crash niedrige Belastungswerte auf. Sie werden auf Plätzen mit Dreipunktgurt montiert, also auf Beifahrersitz oder Rückbank.

Hosenträgergurt-System

Immer noch weit verbreitet sind in dieser Gruppe vorwärts gerichtete Sitzsysteme mit Hosenträger- oder Fünfpunktgurt. Auch sie werden je nach Kindersitz-Typ auf Plätzen mit Dreipunkt- oder Beckengurt montiert. Ähnlich wie bei der Babyschale muss der Hosenträgergurt straff anliegen, das Gurtschloss darf nicht zu hoch sitzen.

Dreipunkt-System

Gute Sicherheit bieten Systeme, die nur den vorhandenen Dreipunktgurt mit einbeziehen. Ihr Vorteil: Sie sind einfach im Handling, denn man hat nur einen Gurt, sie sind schnell montiert und lassen sich theoretisch bis zwölf Jahre verwenden.

Gruppe II
15 bis 25 Kilo (ca 4 bis 7 Jahre)

Auch Kindersitze für die Gruppe II (15 bis 25 Kilo oder etwa vier bis sieben Jahre) nutzen die im Auto vorhandenen Dreipunktgurte. Hier gewährleisten spezielle Halterungen an der Rückenlehne des Kindersitzes einen präsizen Gurtverlauf an der Schulter. Denn der Diagonalgurt, der auf Erwachsenen-Maß eingerichtet ist, verläuft für das Kind meist zu hoch. Bei einem Unfall kann das zu Verletzungen im Bereich der Halsschlagader führen.

Fangtisch-System

Die meisten Kindersitze werden mit dem fahrzteugseitigen Dreipunktgurt befestigt. Für Autos, die auf der Rückbank nur Beckengurte haben, gibt es sogenannte Fangtisch-Systeme. Hier wird der Oberkörper zwar nicht durch den Diagonalgurt geschützt, der Fangtisch verhindert aber bei einem Aufprall schlimme Verletzungen.

Außerdem dürfen in der Gruppe II auch Sitzerhöhungen mit und ohne Rückenlehne eingesetzt werden, die in Gruppe III beschrieben sind.

Gruppe III
22 bis 36 Kilo (ca 7 bis 12 Jahre)

Wenn die Kinder größer werden, bedeutet das nicht, dass sie wie Erwachsene im Auto Platz nehmen können. Bis 1,50 Meter Körpergröße oder bis 12 Jahre ist es gesetzlich vorgeschrieben, die Sprösslinge in geeigneten Rückhaltesystemen zu sichern. Die meisten Eltern greifen in diesem Alter nach einer Sitzerhöhung. Doch dabei kann es Probleme geben, wenn der Gurt zu hoch oder zu tief verläuft. Für eine optimale Gurtführung empfehlen Experten deshalb in Gruppe II und III Sitzerhöhungen mit verstellbarer Rückenlehne. Ob mit oder ohne Rückenlehne, Sitzerhöhungen dürfen nur mit Dreipunktgurt befestigt werden.

Die Verkehrswacht warnt davor, Hilfsmittel zu nutzen, die den Gurt umlenken. Solche Gurtadapter bieten bei einem Unfall keinen ausreichenden Schutz.

Übrigens können laut StVO (§ 21, Kommentar 15) auch schwere Kinder in Sitzen mit Zulassung für 36 Kilo befördert werden.

Integrierter Kindersitz

Manche Autohersteller bieten Kindersitze an, die im Fahrzeugsitz integriert sind. Dabei werden Kind und Kindersitz mit eigenen Gurten und Befestigungseinrichtungen gesichert. Diese Systeme sind praktisch, da der Kindersitz immer mit dabei ist. Sie sind aber oftmals teuer und in der Regel erst für größere Kinder geeignet.

Mit Kindern auf Reisen

Kinder stecken voller Bewegungsdrang. Deshalb können für sie lange Autofahrten eine Qual sein. Eltern sollten längere Fahrten - wie etwa die Urlaubsreise - gut vorbereiten. Dazu gehört auch, mindestens alle zwei Stunden eine Pause für Bewegung, Imbiss und Hygiene einzuplanen. Getränkefläschchen (zum Beispiel ungesüßter Tee), Schnuller, Pflege- und Hygienebedarf, Obst, Spielzeug, Kuscheltiere und Kinderbücher sollten in greifbarer Nähe sein. Im Sommer den Sonnenschutz nicht vergessen! Während die Kleinsten unterwegs viel schlafen, wollen die Größeren beschäftigt sein. Ratespiele (Ich sehe was, was du nicht siehst etc.) beziehen die Mitreisenden ein und überfordern niemand.

Manchen Kindern wird im Auto auch schnell übel. Hier gilt für die Eltern besondere Rücksichtnahme: Regelmäßig nachfragen, wie das Kind sich fühlt, Strecken wählen, auf denen man gegebenenfalls spontan anhalten kann, langsam in die Kurven fahren und unruhige Fahrbewegungen möglichst vermeiden.

Gebrauchte Kindersitze

Kindersitze sollen von Zeit zu Zeit auf Abnützung und Beschädigung kontrolliert werden. Hat der Kindersitz bei einem Unfall Schlimmeres verhindert, sollte ihn der Sitzhersteller oder ein anderer Fachmann auf möglicherweise unsichtbare Schäden prüfen und ihn gegebenenfalls ersetzen. Das gilt auch für gebrauchte Kindersitze, sofern deren "Vorleben" nicht bekannt ist. Wer einen gebrauchten Sitz verwendet, sollte darauf achten, dass er die neueste ECE-Norm R 44 erfüllt (orangefarbene Plakette), und dass die Bedienungsanleitung noch vorhanden ist.

Auch darauf kommt es an:

  1. Vor dem Kindersitzkauf hilft die Lektüre von Fachmagazinen bei der Orientierung.
  2. Kindersitze kauft man im Fachhandel oder als Original-Zubehör beim Autohändler. Dort ist die Beratung in der Regel besonders kompetent.
  3. Beim Kauf sollte man das Auto mitnehmen , schließlich muss der Sitz ins Auto passen.
  4. Auch das Kind sollte man zum Sitzkauf mitnehmen, denn es muss sich wohl fühlen. Größere Kinder sollten ihren Sitz- zumindest das Design - selbst auswählen dürfen.
  5. Kindersitze müssen die aktuelle europäische Prüfnorm ECE 44 erfüllen und mit dem orangefarbenen Aufkleber versehen sein.
  6. Den Einbau sollte man vorher üben, am besten unter fachlicher Anleitung des Händlers.
  7. Das Kind sollte den Kindersitz ausprobiern. Besonders kommt es darauf an, dass er bequem ist, genug Platz bietet, die Gurtlänge ausreicht und der Gurt optimal verläuft.
  8. Der Bezug sollte atmungsaktiv, pflegeleicht abwaschbar sein.
  9. Bezüge und Kunststoffteile sollten helle Farben haben, damit sie im Sommer nicht zu heiß werden.
  10. Da Kinder häufig im Auto schlafen, empfiehlt sich aus Sicherheits- und orthopädischen Gründen eine seitliche Körperabstützung. Für Kleinstkinder sollte die Liegeposition einstellbar sein.

Quellenangabe:
Mit Kindern unterwegs wurde herausgegeben von Deutsche Verkehrswacht, Am Pannacker 2, 53340 Meckenheim, Telefon 02225-884-0, Telefax 02225-884-70 und Kiddy GmbH, Fuhrmannstraße 6, 95030 Hof/Saale, Telefon 09281-7080-0, Telefax 09281-7080-21. Nachdruck und Kopien mit Quellenangabe gestattet.
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