--- Straßenverkehrsordnung Anno 1825 ---

Zur möglichsten Vorbeugung der noch immer vorkommenden Unglücksfälle, welche durch schnelleres Reiten und Fahren auf den Straßen, durch Mangel an Aufsicht über Pferde und durch eigene Unvorsichtigkeit, auch wohl durch Mutwillen der Fußgänger herbeigeführt werden, ist Nachstehendes festgesetzt:

1. Niemand darf auf den Straßen und in von Menschen zahlreich besuchten Gegenden schneller als im kurzen Trabe reiten oder fahren.
2. Auf Brücken, in engen Straßen und Gassen ist es nur erlaubt, im Schritte zu fahren und zu reiten
3.
Lastwagen, welche mit Gegenständen beladen sind, deren heftige Erschütterung betäubendes Geräusch herbeiführt, dürfen ebenfalls nicht schneller als im Schritte gefahren werden.
4.
Reiter, Fahrende und Fußgänger müssen sich stets rechts halten, Insbesondere müssen alte und gebrechliche Leute, Kinder und Betrunkene ohne Ausnahme durch den lauten Zuruf "Platz da" vor der Gefahr gewarnt werden.
5.
Der Kutscher, welcher den Zuruf "Platz da" unterläßt, soll deshalb allein schon verantwortlich sein, und als Strafe mit einer Geldbuße von 5 Thalern belegt werden, wenn er auch sonst nichts verschuldet, und kein Unglücksfall entstanden ist.
6.
Die Fußgänger sind schuldig auf solchen Zuruf gehörig zu achten. Wer aber mutwillig es versuchen möchte, des erhaltenen Zurufes ungeachtet im Wege zu bleiben, wird gleichfalls mit 5 Thalern Geldbuße belegt.
7. Kleine Kinder sollen nicht ohne Aufsicht auf die Straße gelassen, sowie das Sitzen und Liegen daselbst gestattet werden.
8.
Diejenigen, welche Pferde am Zügel führen, müssen dieselben jederzeit kurz an der Hand halten, und wenn das geführte Pferd zu schlagen gewohnt ist, die Vorbeigehenden in zeiten davor warnen
9. Ausdrücklich untersagt ist es, Pferde frei gehen zu lassen, und müssen sie stets am Zügel geführt werden.
10.
Beim Fahren, Reiten und Führen der Pferde muß jederzeit die Aufsicht dergestalt geführt werden, daß der fahrende, Reiter oder Führer sie in seiner Gewalt behält.
11.


Auch die auf öffentlichen Plätzen, Straßen oder sonst im Freien angespannt und angeschirrt stehenden Pferde dürfen nicht ohne Aufsicht gelassen werden. Entfernt sich jemand seinem Fuhrwerk, ohne sich einem Stellvertreter beschafft zu haben, so bleibt er für allen durch sein Fuhrwerk entstehenden Schaden verhaftet, und es trifft ihn außerdem polizeiliche Bestrafung, wenn er nicht nachzuweisen vermag, daß er die erforderliche Vorsicht angewendet habe.

Es wird von den Einwohnern mit Vertrauen erwartet, daß sie, überzeugt von der Notwendigkeit der Beachtung dieser Vorschriften, denselben willige Folge leisten werden, ohne daß es nötig wird, sie durch Strafe, welche für jeden einzelnen Kontraventionsfall auf 5 Thaler Geldbuße oder verhältnismäßige Leibesstrafe bestimmt ist, und im Wiederholungsfalle geschärft wird, zur Folgsamkeit anhalten zu müssen.

Berlin, den 12. September 1825
Königl. Preuß. Gouvernement und Polizeipräsidium
v. Brauchitsch             v. Esebeck